Die Abenteuer des Joel Spazierer
Michael Köhlmeier
Language: German
Pages: 571
ISBN: B00T6NYJR2
Format: PDF / Kindle (mobi) / ePub
"Ich besaß nie den Ehrgeiz, ein guter Mensch zu werden." Joel Spazierer, geboren 1949 in Budapest, wächst bei seinen Großeltern auf und ist vier Jahre alt, als sie von Stalins Schergen abgeholt werden. Fünf Tage und vier Nächte verbringt er allein in der Wohnung und lernt eine Welt ohne Menschen kennen. Es fehlt ihm an nichts, er ist zufrieden. Eher zufällig findet ihn seine Mutter, die noch Studentin ist. Joel Spazierer lernt nie, was gut und was böse ist. Sein Aussehen, sein Charme, seine Freundlichkeit öffnen ihm jedes Herz. Er lügt, stiehlt und mordet, ändert seinen Namen und seine Identität und betreibt seine kriminelle Karriere in vielen europäischen Ländern. Die Geschichte, die er uns ganz unschuldig erzählt, ist ein Schelmenroman über die Nachtseiten unserer Gesellschaft wie es noch keinen gab.
Note: Retail Quality
Waffe bräuchte, sagte ich. Er nickte, schaltete das Licht über dem Küchentisch an, das sehr hell war, und verschwand und kam mit einer schweren Kiste wieder. Er packte aus und stellte Stück für Stück vor: »Eine 44.er Magnum. Eine teure Kanone. Irres Gerät. Auf hundert Meter haut sie jedem Wagen den Motorblock durch. Damit kannst du auch einen Panzer knacken. Klingt gut, ha? Ja, sie ist eine Prinzessin. Ein Bananenfresser vom Mexikoplatz wird dafür glatt 6000 aus der Tasche reißen. Qualitätsware.
fand ihn gemütlich und sympathischer als Churchill, und 1943 bei der Konferenz von Teheran hatte er ihn (darauf pochte meine Freundin Dr. Birgit Jirtler, die menschenliebende Ur-Kommunistin und Professorin für Biologie an der Humboldt-Universität zu Berlin) mit folgenden Worten begrüßt: »Wir heißen ein neues Mitglied in unserer demokratischen Familie willkommen!« Hätte sich derselbe Roosevelt lachend zum Beispiel mit der Mörderin und drogensüchtigen Prostituierten Toni Jo Henry fotografieren
stieg aus, die Plastiksäcke mit meinem Einkauf zog ich aus dem Lift. Damit der Lift nicht blockiert wäre, wenn die Rettung käme. Ich klingelte bei der Tür gegenüber und bei der Tür links hinten, und bei der Tür rechts hinten klingelte ich auch. Niemand öffnete. Der Schmerz ließ ein wenig nach. Ich ging langsam über die Stiege hinunter, wollte bei den Wohnungen im ersten Stock klingeln. Auf halbem Weg setzte das Gefühl der Enge wieder ein, auch der Drang zu hüsteln, es war, als zwängte sich
Staatssicherheit bis an mein Ende währte. Die neue Welt, in der ich seit über einem Jahr, seit den kalten Wintertagen des beginnenden Jahres 1979, lebte, schien nur aus Gegenwart zu bestehen. Die Helden dieses Landes waren tot, aber wenn ihr Geburtstag gefeiert wurde, wurden sie neu geboren; wenn der Tag gefeiert wurde, an dem sie den Vorsitz der Kommunistischen Partei Deutschlands übernommen hatten, übernahmen sie von neuem den Vorsitz der Kommunistischen Partei Deutschlands; wenn der Stunde
vor: Major Allenhöfel und Oberst Klein. Ich dürfe ganz über sie verfügen. (In den folgenden Tagen brachten sie Speck, Wurst, Bohnenkaffee, Wein, Wodka und andere leckere Sachen vorbei, dazu eine Sporttasche voll Zigarettenschachteln, lauter westliche Sorten, Marlboro, Philip Morris, HB, Stuyvesant, Gauloises.) Auf das Armaturenbrett in ihrem Wagen hatten sie ihr Motto geklebt: Ein Fluss, dem die Brücken fehlen, ist etwas Erhabenes, Eine Brücke ohne Fluss ist lächerlich. Zu Hause